Samstag, März 29, 2008
Abschied: 27.03.08
Die letzten Bilder eines vorfrühlingshaft grauen Deutschlands ziehen schemenhaft vorbei. Die Reste des spätwinterlichen Schneeeinbruchs sind noch sichtbar und vereinzelte Schneeflocken versüßen die Aussicht auf 18-20 Grad in Shanghai. Ich sitze im Zug zum Flughafen, wo ein Flieger von Emirates darauf wartet, mich nach Shanghai zu bringen. Für knapp sechs Monate.
Zeit Abschied zu nehmen. Zeit für eine Mischung aus Vorfreude und Unsicherheit, Abschiedschmerz, Tränen und Abenteuerlust. Nur das penetrante Geschwätz der Sitznachbarn - offensichtlich zwei Mittvierziger-Pärchen auf dem Weg zum Pauschal-Abenteuer - stört die melancholischen Reflexionen zwischen zwei Welten. Also, Ohrstöpsel rein, REM drauf und Gedanken sortieren.
Auch wenn ich versuche, so wenig Erwartungen wie möglich zu haben, vermeiden lassen sie sich nicht, und ein paar Hoffnungen gibt es auch.
Ich erwarte ein Land voller Gegensätze im Umbruch, gerade angekommen in der Moderne, mit einer langen Geschichte, die mit allen ihren Verwerfungen weiterwirkt. Ein Land voller Menschen, deren Sprache und kulturellen wie sozialen Verhaltensweisen ich nur rudimentär verstehe. Ich erwarte eine gewisse Abfederung des Kulturschocks durch eine westlich geprägte Umgebung, bedingt durch den Metropolencharakter Shanghais und den Job in einer deutschen Redaktion.
Ich hoffe auf offene und interessante Menschen, auf einen wirklichen Einblick in das chinesische Leben. Ich hoffe darauf, meinen Blick für China zu schärfen, ein Gefühl für das Land zu bekommen. Ich hoffe, dass ich den Job mag und er mich persönlich wie beruflich weiterentwickelt. Ich hoffe, dass ich mit diesem Abenteuer nicht meine Beziehung riskiere.
(Wenn man wüsste, wie schwer der Abschied im Moment des Abschieds fällt, würde man dann weg gehen? Sagt die Intensität des Schmerzes etwas über die Stärke der Bindung oder etwas über ihre Zerbrechlichkeit aus?)
Über dieses konkrete halbe Jahr hinaus ist dieses Praktikum auch der - wohl eher weiche - Übergang in die berufliche Realität. „Weich“ auf verschiedene Arten: Es ist „nur“ ein Praktikum, also keine harte Bewährungsprobe und bekannt aus dem Studium. Durch Freund und Freunde bin ich weiterhin dem studentischen Milieu verbunden. Die finanzielle Seite ist auch eher ernüchternd: Ich habe einen akademischen Grad erreicht, aber inwiefern dieser mir mittelfristig ein Leben über dem studentischen Niveau erlaubt, ist ungewiss. Also, los geht’s.
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