Vor etwa sieben Stunden war ich der Überzeugung, dieser Tag könnte ein aussichtsreicher Kandidat auf den neuen „schlimmsten Tag in meinem Leben“ werden. Ist es dann doch nicht geworden, aber ein paar „schlimmste Stunden“ waren schon dabei. Von vorne. Ich muss ausreisen um mein Visum zu erneuern. Damit das günstiger ist, fliege ich nach Shenzhen und fahre dann über die Grenze nach Hongkong. Damit es die Firma bezahlt, sollte ich es mit einem Termin verbinden. Daher musste ich meine bereits anvisierten Flüge neu timen. Freitag um 8 rausfliegen, damit ich um 14 Uhr in Hongkong sein kann. Also stehe ich heute morgen um kurz vor fünf auf, habe auf das Spiel verzichtet, weil 5 Stunden Schlaf doch mehr als 3 sind. Auf zur U-Bahn, die direkt bis zum Maglev fährt. Müsste alles in einer Stunde hinhauen. Aber da hakt’s schon: Die U-Bahn fährt noch nicht. Zumindest nicht die Richtung, die ich will. Nach gut sieben Minuten warten muss es dann doch das Taxi sein. Mit Zeichen gebe ich dem Taxifahrer zu verstehen wo ich hin will. Und wir kommen gut durch, ich entspanne und trockne, denn draußen sind gut 25 Grad und eklig feucht, morgens um 6 wohlgemerkt. In Pudong am Flughafen verlieren wir ein bisschen Zeit, weil wir uns nicht verständigen können zu welchem Terminal ich muss. Aber der Taxifahrer fragt. Alles geklappt, ich bin da. Stehe am Eincheckschalter: „Der Flug geht von Hongqiao“. Mir ruscht das Herz in die Hose. Hongqiao ist der westlich gelegene Flughafen in Shanghai. Bei meiner Umbucherei hab ich übersehen, dass ich den Flughafen gewechselt habe. Ich bin am falschen Flughafen. Ich werde den Flieger nicht kriegen. Ich werde den Termin verpassen. Mein Chef wird sich monatelang über mich lustig machen. Ich hasse Shanghai. Ich bin so dummmmmmm. Stupid Lao Wei.
Dann wurde es kurz noch schlimmer als ich mit dem Shuttlebus nach Hongqiao fuhr, inklusive chinesischem Gedudel in der Endlosschleife, einer sehr vollen Blase, schlechten Straßen und morgendlichem Berufsverkehr mit entsprechendem Stau.
Und dann wurde es besser. Das Umbuchen war in weniger als zehn Minuten erledigt, und sicherlich einfacher und billiger als einen Zug mit Zugbindung bei der deutschen Bahn zu ändern. Dann habe ich entdeckt, dass es bei McDonalds Pancakes gibt und der Kaffee wirklich gut ist. Und die schweißtreibenden fünf Meter, die ich zwischen Flughafengebäude und McDonalds zurückgelegt habe, überzeugten mich, dass noch drei Stunden warten in klimatisierten Räumen nicht die schlechteste aller Möglichkeiten ist.
In Shenzhen scheint die Sonne. Das hatten wir in Shanghai seit Wochen nicht. Hier gibt es Hügel und sie sind grün. Es ist ruhiger. Es gibt Palmen. Es fühlt sich nach Urlaub an.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen